Selbst ein Fußball-Fan wie ich muss zugeben, dass ‚Bayern‘ und ‚München‘ mehr zu bieten haben als den Fußballverein. Zumal die Saison, mit Gewinn der Meisterschaft und des Pokals, versöhnlich geendet hat. Insofern konnte ich mich am vergangenen Wochenende, bei meinem Besuch in München, Markt Schwaben und Rosenheim, der anderen wichtigen Sache zuwenden: dem bayerischen Stricken. Loferl – das sind die gestrickten Männerstutzen die zur Lederhose getragen werden – im alltäglichen Straßenbild sind doch ein wunderbarer Anlass Männerbeine mit glitzernden Augen zu betrachten. Ebenso wie die langen Trachtenstrümpfe und die kraus rechts gestrickten Trachtenjacken und ganz besonders den gemusterten, taillierten Jacken die zum Dirndl getragen werden.
Die besondere Technik die für die bayerischen Muster verwendet wird, sind Zugmaschen. Das sind verschränkte Maschen die gekreuzt werden und so, in Kombination mit Flächenmustern, kunstvolle Strümpfe und Jacken zaubern.
Klassischerweise wird für die kraus rechts gestrickten Jacken braune oder graue Naturwolle verwendet und mit einem grünen Rand abgesetzt. Modern ist es, farbige Wolle, wie ein helles Birkengrün, mit einem grauen Rand zu versehen. Ich denke, jeder identifiziert so eine Jacke als ‚Trachtenjacke‘.
Charaktervoll sind die Jacken, Strümpfe und Loferl wenn sie mit einer regionalen Naturwolle gestrickt werden. Dann kommen die Muster am besten zur Geltung und das gute Teil hat das Zeug zu einem echten Erbstück zu werden, das sich auch Tochter und Enkeltochter einmal ausleihen. Insofern hat mich mein Besuch in der alten Heimat inspiriert und jetzt steht so eine Jacke ganz oben auf meiner Liste.
Wieder zurück in der neuen Heimat Berlin habe ich mich auf meine Musterbücher gestürzt. Weil es euch vielleicht interessiert, welche Bücher es so gibt, habe ich meine Handbibliothek aufgelistet. Die Reihenfolge ist einigermaßen chronologisch. Aus diesen Büchern werde ich Muster für meine Jacke aussuchen und kombinieren.
‚Stricken Gestern – Heute – Morgen‘
Ilse Schwer
Leopold Stocker Verlag Graz Stuttgart, 1982 5. Auflage
Hervorgegangen aus dem 1951 herausgegebenen Broschüre ‚Bodenständiges Stricken‘
Ein Werkbuch mit zahlreichen Abbildungen, Kunstdrucktafeln, beschriebenen Modeln, 106 Strickmustertafeln und über 1000 alten volkstümlichen Strick- und Häkelmustern
Überlieferte Strickmuster aus dem Steirischen Ennstal Teil 1 grün
Überlieferte Strickmuster aus dem Steirischen Ennstal Teil 2 braun
Überlieferte Strickmuster aus dem Steirischen Ennstal Teil 1 blau
Maria Erlbacher
Kleine Schriften des Landesmuseums Schloss Trautenfels am Steiermärkischen Landesmuseum Joanneum; 8. Auflage
Das ist mein absoluter Favorit! Die Strickschrift ist gut nachvollziehbar und es gibt in jedem Bändchen zwei, drei Modelle zum Nacharbeiten.
Bäuerliches Stricken 1 Alte Muster aus dem alpenländischen Raum
Bäuerliches Stricken 2 Strümpfe, Jacken und Westen aus Museen und Privatbesitz
Bäuerliches Stricken 3 165 bezaubernde Strickmuster aus Bauern- und Bürgerhäusern
Lisl Fanderl
Verlag Rosenheimer, 1983
Der Klassiker und das Referenzbuch für alle Strickerinnen bayerischer Muster. Eine Herausforderung ist die eigene Strickschrift, die Liesl Fanderl entwickelt hat.
‚Alte Volkskunst Stricken‘ Ein Werkbuch
Steirisches Heimatwerk, 3. Auflage
Leopold Stocker Verlag, 1984
Blättersammlung einzelner Muster für Strümpfe, Stutzen und Joppen. Schön übersichtlich.
‚Alte Strickkunst‘
Irmgard Gierl
120 volkstümliche Modelle zum Nachstricken für Janker, Pullover und Strümpfe
Süddeutscher Verlag 1979, 4. Auflage 1983
Die meisten Muster stammen aus dem alpenländischen Raum. Aber auch irische und schottische Fischerpullover sowie Stricken in Norwegen und Island werden vorgestellt
‚Lorbeerblatt und Zwetschgenkern‘
Alte Strickmuster aus der Oberpfalz und dem Egerland. Hauptsächlich für Trachtenstrümpfe
Erika Eichenseer Erika Grill
Buchverlag der Mittelbayerischen Zeitung Regensburg, 1. Auflage 1983
‚Trachten Selbermachen‘
Stricken, Nähen, Accessoires – die schrecklichen70er bis 90er Jahre
Weltbild Verlag Augsburg 1992
‚Stricken – Tracht und Landhausstil‘
Lena Fuchs
country-look und Landhaus-Stil – gehen gar nicht
Augustus Verlag, 1998
‘Omas Strickgeheimnisse‘
Eichenseer Grill Krön
200 bezaubernde Muster
Mitherausgegeben vom Bayerischen Landesverein für Heimatpflege
Rosenheimer Verlagshaus 2000; Sonderausgabe 2001 für den Weltbild Verlag Augsburg
‚Alpine Lace Stockings‘
Julia Riede
Fünf Anleitungen
Eigenverlag 2008; 2. Auflage 2015 brochiert
Trachtenträume stricken
Frech Verlag, 1. Auflage 2011
Verschiedene Modelle für die ganze Familie, sehr vereinfacht und angepasst
‚Trachten stricken‘
Katharina Ritter
Traditionelle, leicht modernisierte und geschmackvolle Modelle
Chrisropherus Verlag Freiburg 2012, 4. Auflage 2014 oz
‚Trachtenmode & Alpenchic‘
Helga König
Anleitungen für einfache Janker für die ganze Familie, dazu Mützen, Handschuhe und Socken
Leopold Stocker Verlag Graz Stuttgart, 2015, brochiert
Stricken für Wollsüchtige
Angela Mayer-Spannagel
Knaur Verlag München, 2015
Kein klassisches Trachtenbuch, Angela Mayer-Spannagel baut traditionelle Stricktechniken in praktische, tragbare und schöne Kleidungsstücke ein.
‚Millionen von Stichen hab‘ ich wohl gemacht..‘
Alte Handarbeitsmuster- und techniken aus Mittelfranken
Teil II – Stricken mit und ohne Perlen
Evelyn Gillmeister-Geisenhof
Schriftenreihe der Trachtenforschungs- und beratungsstelle Bezirk Mittelfranken
Verlag Delp, Bad Windsheim
Teil 1 des Buches zeigt einfachere Muster zum Nacharbeiten von Strümpfen; Teil 2 geht auf gestrickte Perlenbeutel ein. Dargestellt werden ausschließlich Strickarbeiten aus Mittelfranken
Bayrisch Land – Bayrisch Gwand
Beitrag zur Trachten- und Heimatpflege in Bayern
Hrsg Vereinigte Bayerische Trachtenverbände, 1975
Trachtenlandschaft Bayern
Bayerischer Trachtenverband, 2011
Zeigt in mit vielen Fotos und Erklärungen die aktuelle Tragweise der Trachten
Als wenn ich nicht schon sowieso von Strickmustern geträumt hätte, bot mir das Hotel in München einen besonderen Service: Die Wand über dem Bett war mit einem klassischen Zopf-Muster dekoriert. Allerdings deutlich zusehen, dass es kein Zugmaschen-Muster ist, denn die Maschen sind nicht verschränkt!
Wie kam denn der Bavarian Twisted stitch zu seinem Namen und wie heißt er bei uns?
Hallo Christin, in Bayern heißen sie ‚verzogene‘ Maschen. Weil die Maschen nicht nur verschränkt abgestrickt, sondern gleichzeitig auch noch ‚herübergezogen‘ werden.
This is an excellent list. Thank you for publishing it.
Many of the older books are very hard to find outside of Germany. But if you know they exist, it makes searching easier.
One which isn’t on your list is a translation of Maria Erlbacher’s three books in one volume, called „Twisted Stitch Knitting“ 2009 ISBN 978-0-942018-30-1. This is one if the few books on the topic which is accessible to people who can’t read German.
Hello Janet, I’m glad you find the list helpful. Your hint about Maria Erlbacher’s book translated into english is very interesting.I didn’t know that. And I think many english readers would be happy with the book!